Hätte mir jemand vor meiner Reise gesagt, dass ich bereits nach nur drei Monaten Heimweh haben werde, denjenigen hätte ich wahrscheinlich ausgelacht. Warum sollte ich auch nach Hause wollen, wenn mein Traum von Australien endlich in Erfüllung geht?
Am Anfang wollte ich mir natürlich nicht eingestehen Heimweh zu haben. Seine Schwachstellen gibt keiner gerne zu. Als ich noch Zuhause gelebt habe, konnte ich gar nicht lange genug von Zuhause wegbleiben und meine Mutter war jedes mal sehr erleichtert, wenn sie überhaupt ein Lebenszeichen von mir aus dem Urlaub gehört hat. Doch das hat sich schnell während meiner Zeit in Australien geändert.
Ich muss ehrlich zugeben, dass ich froh war auf Abstand zu kommen und in meinen neuen Alltag zu starten, nachdem ich 18 Jahre lang mit meinen Eltern unter einem Dach gelebt habe - Entschuldige Mama und Papa, aber jeder kennt die Phasen, wo man sich einfach nur noch auf die Nerven geht. Gerade kurz vor meiner Abreise drehte sich alles um ein einziges Thema. Da kamen mir die Diskussionen über das ideale Handgepäck, die lebenswichtige Reiseapotheke und die letzte Erledigungen echt zu den Ohren raus. Es kam mir so vor, als musste ich meine Eltern beruhigen anstatt umgekehrt - Fliegt meine Mutter bald ans andere Ende der Welt oder war vielleicht doch ich die Person, die allen Grund hatte aufgeregt zu sein?
In den ersten Wochen hat sich alles wie ein großartiger Urlaub angefühlt. Erst nach und nach habe ich realisiert, dass das meine neues Zuhause sein wird. Am Anfang ging es mir absolut nicht schnell genug neue Freunde zu finden - Das war das Hauptproblem. Wie soll man auch so schnell wahre Freundschaften schließen, wenn die besten Freunde der Welt Zuhause sind? In dieser Hinsicht war ich vielleicht etwas verwöhnt... Meine engsten Freunde sind seit Jahren die gleichen geblieben,leben nur wenige Minuten von meinem Zuhause entfernt und waren immer für mich da. Ich habe meine Freunde wirklich mehr als meine Familie vermisst. Dabei waren es die kleinen Dinge, die mir aufgefallen sind. Ein entspannter Filmabend Zuhause oder kurz ein Anruf waren auf einmal nicht mehr so selbstverständlich. Doch liebe Nachrichten meiner Freunde und unser monatliches Skype-Date haben mich wirklich aufgemuntert. Man muss dem ganzen ein bisschen Zeit geben und so habe ich dann auch neue wirklich nette Freundinnen gefunden. Denn zu zweit die Stadt kennenzulernen macht einfach so viel mehr Spaß!
Am Anfang ist so unendlich viel passiert und jeden Tag sind tausend neue Eindrücke auf mich eingeprasselt. Das wollte ich meiner Familie natürlich nicht vorenthalten. Außerdem war es schön am Abend eine vertraute Stimme zu hören und seine ganzen neuen Eindrücke mit jemanden zu teilen. So kam es, dass ich jetzt fast jeden zweiten Tag Zuhause anrufe - WhatsApp sei dank, ist das Telefonieren umsonst. Manchmal habe ich so viel zu erzählen, dass meine Eltern mich quasi wegdrücken müssen, weil sie zurück zur Arbeit kehren müssen. Das ist halt die Zeitverschiebung Schuld! Während ich gemütlich im Bett liege, fahren alle anderen gerade erst zur Arbeit. Aber für ausführliche Gespräche gibt es ja zum Glück die Wochenenden!
Meine Gastfamilie hat allerdings den größten Beitrag geleistet, dass ich mich so schnell Zuhause gefühlt habe. Mark und Sara waren so herzlich und liebevoll zu mir. Als Sara bei unserer ersten Begegnung mit einem Willkommens-Schild auf mich zukam und Mark extra Bilder von meiner Familie in meinem Zimmer aufgehangen hat, wusste ich, dass sie die beste Gastfamilie sind. Viel schneller als erwartet, hat sich das Gefühl in mir ausgebreitet wirklich angekommen zu sein. Der Gedanke, dass Mark und Sara bis vor ein paar Wochen noch fast Fremde für mich waren klingt schon fast absurd. Ich kann und will mir meine Zukunft gar nicht mehr ohne meine zweite Familie vorstellen.
Ich bin nicht der Typ, der sich bei Heimweh im Zimmer einschließt, Tonnen an Eiscreme isst und alte Fotos durchschaut. An solchen Tagen muss man einfach rauskommen und sich ablenken. Positiv denken ist das Wichtigste. Schließlich hat mich keiner hier abgesetzt, sondern ich bin freiwillig gegangen und möchte meine Zeit genießen. Was nehme ich also aus solchen Situationen mit? Das ich die Zeit mit meiner Familie auf jeden Fall wieder mehr wertschätze. Man sollte sich umeinander kümmern, sich wirklich aufrichtig für den Anderen interessieren und bewusster Zeit mit der Familie verbringen.
Eine Freundin, die zurzeit in Mexiko ist, hat zu mir am Telefon gesagt:
Desto schöner es ist, desto mehr wünsche ich mir meine Freunde und Familie her. In diesen Momenten vermisse ich meine Familie umso mehr.
Und ja, das stimmt! Ich wünschte ich könnte diese Augenblicke mit Ihnen teilen. Ich weiß aber auch, dass sie sich sehr über Erzählungen und Fotos freuen und ich sie so daran teilhaben lassen kann.
Zurück zum eigentlichen Thema. Heute ist der Geburtstag der besten Oma der Welt, meiner Oma, und die ganze Familie kommt zusammen. An solchen Tagen wünscht man sich wirklich man könnte mal eben für ein Wochenende nach Deutschland fliegen. Einfach mal wieder in den Arm genommen werden, quatschen und zusammen sitzen.
Was man dann am besten gegen das Heimweh macht? Zurück ins Wohnzimmer gehen und Family-Time mit der Gastfamilie haben. Pläne mit den Freundinnen für die nächste Woche machen und Mama anrufen. Am nächsten Morgen startet man dann wieder super gelaunt in den Tag. Man wird das tolle Frühlingswetter genießen während langsam der kalte Winter in Deutschland zurück kommt. Dann weiß man, dass man alles richtig gemacht hat!
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Meine Collage am Kleiderschrank |